Phase 1: Vor der Datenerhebung & -verarbeitung (Planung & Legitimation)
- Rechtliche Grundlage identifizieren und dokumentieren:
- Einwilligung nach Art. 6 Abs. 1 lit. a DSGVO, § 26 BDSG – Achtung: Besondere Anforderungen bei KI-gestütztem Profiling!
- Vertragliche Notwendigkeit (Art. 6 Abs. 1 lit. b DSGVO).
- Berechtigtes Interesse (Art. 6 Abs. 1 lit. f DSGVO) – zwingend mit Interessenabwägung und Dokumentation.
- Weitere Grundlagen: rechtliche Verpflichtung (Art. 6 Abs. 1 lit. c DSGVO), lebenswichtige Interessen (Art. 6 Abs. 1 lit. d DSGVO).
- Für besondere Kategorien personenbezogener Daten (Gesundheitsdaten etc.) gelten Art. 9 DSGVO und ggf. § 22 BDSG.
- Bei Beschäftigtendaten: § 26 Abs. 1 BDSG und ggf. Betriebsvereinbarungen.
- Zweckbindung festlegen:
- Der Verarbeitungszweck ist eng zu definieren.
- Es ist keine spätere Nutzung für nicht vereinbarte Zwecke möglich.
- Transparenzpflichten planen:
- Datenschutzerklärung nach Art. 13, 14 DSGVO mit KI-Bezug.
- Information über Logik, Tragweite und Folgen der Verarbeitung (Art. 13 Abs. 2 lit. f, Art. 22 DSGVO).
Phase 2: Auswahl & Bewertung des KI-Systems (TOMs)
- Datenminimierung und Speicherbegrenzung:
- Sind die Daten erforderlich und angemessen?
- Pseudonymisierung/Anonymisierung prüfen (Re-Identifizierungsrisiko ist zu beachten).
- Wo möglich, sollten synthetische Testdaten statt echter Daten genutzt werden.
- Risikobewertung für die Datenverarbeitung:
- Risiken für Rechte und Freiheiten der Betroffenen ermitteln.
- Automatisierte Einzelfallentscheidungen (Art. 22 DSGVO) nur unter engen Voraussetzungen.
- Kritische Bewertung außereuropäischer KI-Anbieter:
- Drittlandtransfer der Daten prüfen (EU/EWR-Extern).
- Angemessenheitsbeschluss der EU-Kommission beachten (Kanada, UK, Schweiz). Für die USA: EU-US Data Privacy Framework – aber ständige rechtliche Überprüfung (Dabei sind die Schrems-Urteile zu beachten!).
- Falls kein Angemessenheitsbeschluss vorliegt, sind Garantien nach Art. 46 DSGVO (SCCs, BCRs, zusätzliche Verschlüsselung mit EU-Key-Management) notwendig.
- Anbieter sind sorgfältig auszuwählen (Art. 28 DSGVO) und ein Auftragsverarbeiter-Vertrag abzuschließen.
- Präferenz für lokale/on-premise KI-Lösungen:
- Ollama, Local AI, self-hosted LLMs prüfen.
- Vorteile: Daten bleiben lokal, keine Drittlandübermittlung, volle TOM-Kontrolle, einfacherer Compliance-Nachweis.
- Option: Air-Gap-Szenarien für besonders sensible Daten.
- Hybridlösungen: lokale KI übernimmt Anonymisierung vor Nutzung externer Systeme.
Phase 3: Während des Betriebs (Durchführung & Kontrolle)
- Dokumentationspflichten:
- Verzeichnis von Verarbeitungstätigkeiten (Art. 30 DSGVO) mit KI-Verarbeitungen.
- Datenschutz-Folgenabschätzung (Art. 35 DSGVO) bei hohem Risiko (Profiling, Gesundheitsdaten etc.).
- Rechte der betroffenen Personen:
- Auskunft (Art. 15 DSGVO), auch über KI-Logik.
- Berichtigung (Art. 16), Löschung (Art. 17), Widerspruch (Art. 21).
- Recht auf Nicht-Unterworfenwerden automatisierter Entscheidungen (Art. 22 DSGVO).
- Sicherheitsmaßnahmen:
- TOMs nach Stand der Technik: Zugriffskontrolle, Verschlüsselung, Integrität, Verfügbarkeit, Belastbarkeit.
- Regelmäßige Sicherheitsprüfungen & Penetrationstests.
- Auditability: Protokollierung aller Zugriffe, Nachvollziehbarkeit von Trainingsdaten (Data Lineage), Versionierung von Modellen.
- Compliance & Accountability:
- Regelmäßige interne und externe Audits.
- Benennung eines Datenschutz- und KI-Compliance Officers oder Gremiums.
Phase 4: Bei Incidents & Beendigung
- Melde- und Benachrichtigungspflichten:
- Data Breach → 72h Frist zur Meldung bei der Aufsichtsbehörde (Art. 33 DSGVO).
- Schwerwiegende Fälle → Information der Betroffenen (Art. 34 DSGVO).
- Löschkonzept:
- Daten nach Zweckerreichung löschen.
- Auch Trainingssets, Cloud-Backups und geteilte Modelle einbeziehen.
- Vertragliche Sicherstellung: unwiderrufliche Löschung nach Vertragsende.
Internationale Dimension
- Auch lokale Gesetze beachten: CCPA (Kalifornien), LGPD (Brasilien), PIPL (China), HIPAA (USA – Gesundheitsdaten).
- Kritisch: Datenübermittlungen in Länder mit Überwachungsgesetzen (z. B. EU, China, Russland, Indien, USA – FISA 702). Hier ist eine klare Risikobewertung notwendig, ggf. der Ausschluss von Anbietern dieser Staaten.
Haftungsausschluss: Diese Checkliste ist ein allgemeiner Leitfaden und ersetzt keine Rechtsberatung. Für konkrete Projekte wird die rechtliche Beratung durch Fachanwälte für IT- und Datenschutzrecht, sowie die Einbindung der zuständigen Datenschutzaufsichtsbehörde empfohlen.
